Heute, am 14. März 2023 diskutiert der Risikobewertungsaussschuss der EU Chemikalienagentur über ein EU-weites Verbot für Bisphenole. CHEM Trust warnt bereits seit vielen Jahren eindringlich vor den endokrin (hormonell) schädigenden Eigenschaften der Chemikalie Bisphenol A (BPA), insbesondere da BPA in Menschen und der Umwelt nachgewiesen wird. BPA ist nur in Babyflaschen und Thermopapier verboten und so wird es leider immer noch sehr viel genutzt. Ebenso besorgniserregend ist jedoch die zunehmende Verwendung ähnlicher Bisphenole, die häufig BPA ersetzen und eine zusätzliche Bedrohung für die menschliche Gesundheit und die Umwelt darstellen.
CHEM Trust kritisiert seit langem den zu langsamen und bruchstückhaften Ansatz der EU bei der Regulierung von BPA und anderen Chemikalien. Die bevorstehende Reform des EU-Chemikalienrechts muss hier Abhilfe schaffen. So sollte die Regulierung von Chemikaliengruppen ausgeweitet und die Anwendung eines allgemeinen Risikobewertungsansatzes, bei dem die schädlichsten Chemikalien für die Verwendung durch Verbraucher verboten sind, eingeführt werden.
CHEM Trust hat Kommentare zum von Deutschland erstellten Beschränkungsdossiers eingereicht, in dem vorgeschlagen wird, die Verwendung von BPA und weiteren, ähnlich besorgniserregenden Bisphenolen aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Umwelt einzuschränken.
Der deutsche Vorschlag: zu enger Geltungsbereich
Im Beschränkungsentwurf schlägt Deutschland vor, fünf Bisphenole zu verbieten, die alle offiziell als endokrine Disruptoren für die Umwelt identifiziert wurden. Das Verbot soll alle additiven Verwendungen sowie polymere Verwendungen unter bestimmten Bedingungen betreffen. Allerdings werden viele Ausnahmen vorgeschlagen, die eine fortgesetzte Verwendung erlauben würden.
Eine Gruppenbeschränkung ist nötig, um das Schutzniveau zu erhöhen und eine „regrettable substitution“ – den Ersatz von Bisphenolen mit ähnlich schädlichen Stoffen – zu vermeiden. Wir argumentieren seit vielen Jahren, dass eine Gruppenbeschränkung für BPA und strukturverwandte Bisphenole längst überfällig ist. Im Jahr 2018 veröffentlichte CHEM Trust den Bericht „Von BPA zu BPZ – eine toxische Buchstabensuppe?“, der die Tatsache hervorhob, dass Unternehmen BPA durch andere Bisphenole mit einem ähnlichen Gefahrenprofil ersetzen.
Nach unserer Analyse muss der deutsche Beschränkungsvorschlag jedoch strikter sein und den Geltungsbereich der Gruppe der Bisphenole erweitern. Zudem muss der Mechanismus, neue Bisphenole in den Geltungsbereich aufzunehmen, verbessert werden. Darüber hinaus müssen die Ausnahmen limitiert werden, um eine deutlichere Verringerung der Emissionen von BPA und ähnlich besorgniserregenden Bisphenolen in die Umwelt zu erzielen. Ausnahmen sollten nur in begründeten Ausnahmefällen und mit zeitlicher Begrenzung gewährt werden.
Dr. Ninja Reineke, Wissenschaftliche Leiterin bei CHEM Trust, sagte:
Der Ansatz der Gruppenbeschränkung ist sehr begrüßenswert. Die Gruppe muss jedoch erweitert werden, um alle relevanten Bisphenole abzudecken, die als bedenkliche Ersatzstoffe in Frage kommen. Die Regulierung von Chemikaliengruppen sollte als Instrument für frühzeitiges Handeln auch dann verwendet werden, wenn die Gefahrendaten für eine Identifizierung als hormonell wirksamer Stoff noch nicht vollständig verfügbar sind.
Die Beschränkung muss so effektiv wie möglich gestaltet sein, um die Ziele der EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit umzusetzen, die sich zu einem Verbot von EDCs in Verbraucherprodukten verpflichtet.
Minimierung der menschlichen Exposition: EU-Kommission muss handeln
Mit dem deutschen Beschränkungsvorschlag sollen leider lediglich die Emissionen in die Umwelt minimiert werden. Da allerdings Bisphenole auch häufig im Menschen gefunden werden ist dringend zu prüfen, ob um zum Schutz des Menschen eine weitere Beschränkung notwendig ist.
Jüngste Human-Biomonitoring-Daten aus dem EU-Forschungsprogramm HBM4EU haben erneut das Ausmaß der Exposition des Menschen gegenüber BPA und anderen Bisphenolen aufgezeigt. Die Konzentrationen von Bisphenol S und Bisphenol F im Urin der Proband*innen zeigen, dass die durchschnittliche Belastung mit diesen BPA-Alternativen in allen europäischen Regionen steigt.
Wir fordern die EU-Kommission daher auf, ihr im Fahrplan für Beschränkungen gemachtes Versprechen einzulösen und die ECHA aufzufordern, zum Schutz der Gesundheit zusätzliche Beschränkungen vorzubereiten.